Es war ein Traum, der uns schon lange begleitet hatte: ein eigenes Wohnmobil. Aber nicht irgendeines – wir suchten etwas mit Geschichte, mit Charakter, mit Seele. Wir stellten uns vor, wie wir unterwegs wären, mit offenen Fenstern durch unbekannte Landschaften fahren, irgendwo am Waldrand übernachten, Kaffee im Morgenlicht kochen. Doch bei begrenztem Budget und noch begrenzterer Auswahl wurde die Suche zur Geduldsprobe.
Dann plötzlich – eine Anzeige, die uns mitten ins Herz traf: Peugeot J5, Baujahr 1986, Top-Zustand, einsatzbereit, mit TÜV.
Auf den Bildern wirkte der Wagen charmant-alt, nicht wie viele andere runtergerittene Leichen im Netz. Und der Preis? Günstiger als gedacht. Es klang zu gut, um wahr zu sein. Und doch... irgendwas an der Anzeige gab uns Hoffnung.
Wir griffen zum Telefon. Eine junge Frau meldete sich – freundlich, fast erleichtert über unser Interesse. Sie sei Mutter von drei kleinen Kindern, erzählte sie. Der Wagen gehöre ihr, doch gefahren sei ihn immer ihr Ex-Freund. Sie selbst habe keinen Führerschein, könne damit nichts mehr anfangen. Die Trennung sei erst ein paar Monate her, jetzt müsse der Wagen weg – wegen Platzmangel, wegen Geld. Sie klang ehrlich. Vielleicht ein bisschen erschöpft vom Leben.
Wir fuhren nach Köln. Es war ein kalter Tag, aber in uns brannte die Vorfreude. Auf einem leicht verlassen wirkenden Parkplatz trafen wir sie – die Verkäuferin. Jung, schmal, etwas müde, aber bemüht. Sie zeigte uns das Fahrzeug: Trude. So nannten wir sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht – aber irgendetwas an diesem Bus sprach uns an.
Innen überraschend gepflegt, außen gezeichnet, aber sympathisch. Zwei volle Gasflaschen im Heck. Grillkohle. Kleine persönliche Dinge, die dem Fahrzeug Leben einhauchten.
„Wir waren mit ihr bis nach Marokko unterwegs“, erzählte sie.
„Nie Probleme, immer gelaufen.“
Man spürte, dass es ihr schwerfiel, sich von dem Fahrzeug zu trennen – auch wenn sie es zu überspielen versuchte.
„Ich kann nichts mehr damit anfangen...“
Wir durften Probe fahren. Der Motor sprang sofort an. Kein Ruckeln, kein Zögern. Wir fuhren eine kleine Runde über den Parkplatz, spürten das Alter – aber auch die Kraft, die noch in diesem Wagen steckte.
Für einen Moment war alles perfekt.
Das war sie. Trude. Unsere Trude.
Zurück im Auto, ein kurzer Blick. Dann stand die Entscheidung:
Wir nehmen sie.
Wir kontaktierten unseren Zulassungsdienst, um zu klären, welche Unterlagen wir für ein Kurzzeitkennzeichen benötigen würden. Die Antwort war simpel: Fotos von Brief, Schein und TÜV-Bescheinigung reichen.
Also baten wir die Verkäuferin darum. Fahrzeugschein? Vorhanden. Brief? Ebenfalls. Doch beim TÜV-Zettel zögerte sie.
„Die hat noch mein Ex“, sagte sie. „Wir haben seit Dezember keinen Kontakt mehr. Ich weiß auch nicht, wo er sich gerade aufhält. Aber der TÜV-Stempel ist doch im Fahrzeugschein.“
Ein mulmiges Gefühl machte sich in uns breit. War das der Moment, in dem alles zusammenbrechen würde? Wieder ein geplatzter Traum?
Doch unser Zulassungsdienst gab vorsichtige Entwarnung: Wenn der TÜV nicht echt sei, würde das Straßenverkehrsamt die Zulassung ohnehin ablehnen. Da wir erst bei Übergabe zahlen wollten, hielten wir das Risiko für vertretbar.
Wir überlegten. Und beschlossen:
Wir wagen es.
Der Preis wurde noch leicht gedrückt. Die Verkäuferin wirkte erleichtert.
„Ich will mit den Kindern mal wieder in Urlaub fahren. Das Geld würde uns sehr helfen.“
Wir fuhren nach Hause – aufgeregt, vorsichtig optimistisch, irgendwie seltsam glücklich.
Hatten wir wirklich ein fahrbereites Wohnmobil gekauft?
Am nächsten Tag rief der Zulassungsdienst an:
Die Kennzeichen waren fertig, die Zulassung genehmigt.
Euphorie! Wir konnten Trude holen.
Wieder ging es nach Köln. Die Verkäuferin wartete bereits. Noch einmal erklärte sie kurz die wichtigsten Dinge, wir füllten den Kaufvertrag aus. Unter „Mängel“ stand: Keine. Alles sei in Ordnung.
Wir übergaben das Geld, sie verabschiedete sich freundlich – und wir saßen das erste Mal als Besitzer in Trude.
Die Tankanzeige stand auf Reserve. Der LPG-Tank blinkte nur noch mit einen Balken.
Also: zur Tankstelle.
Doch was dann passierte, raubte uns die Sprache.
Wir tankten für 20 Euro Benzin. Dann liefen wir ums Auto – und entdeckten eine große Pfütze unterm Wagen. Alles, was wir gerade getankt hatten, lief einfach wieder heraus.
Der Schock war brutal. Wir versuchten, die Verkäuferin zu erreichen – doch es kam nur noch die Mailbox. WhatsApp-Nachrichten? Keine Zustellung. Blockiert. Einfach weg.
Da standen wir. Mit einem Auto ohne Benzin. Die Tankfüllung war direkt wieder ausgelaufen. Doch noch waren wir nicht völlig verzweifelt – schließlich hatte Trude ja eine Gasanlage.
Wenn schon kein Benzin, dann wenigstens LPG.
Also schöpften wir neue Hoffnung.
Doch dafür mussten wir erst eine passende LPG-Tankstelle finden. In diesem Moment klammerten wir uns an jeden noch so kleinen Funken – dass es irgendwie weitergehen würde.
Und doch spürten wir schon: Da kommt noch was. Und zwar nicht unbedingt Gutes.
Nun standen wir da – ohne Benzin, mit letzter Gasreserve im Tank.
Wir suchten eine LPG-Tankstelle. Gar nicht so einfach.
Als wir endlich eine fanden, versuchten wir zu tanken – vergeblich. Es ging kein Gas rein.
Beim genaueren Hinsehen: Gas strömte vorne direkt am Einfüllstutzen wieder heraus. Die Dichtung am Adapter? Kaputt.
Man, so viel Pech kann man doch gar nicht haben. Also zur nächsten Tankstelle gefahren, in der Hoffnung, dort passende Adapter zu finden – oder wenigstens einen auszuleihen.
Erst bei der dritten Station wurden wir fündig. Adapter ausgeliehen, Zapfhahn angeschlossen – und das Gas floss.
Doch leider nicht nur in den Tank – sondern auch an einer anderen Stelle wieder hinaus.
Das kann alles nicht wahr sein.
Wir brachen die Tankung ab. Der eine Balken auf der Anzeige musste reichen. Noch ca. 75 km bis nach Hause.
„Also Daumen drücken.“
Jeder Kilometer war begleitet von Sorgen: Reicht es? Bleiben wir am Straßenrand liegen?
Aber Trude schaffte es. Mit letzter Kraft.
Und wir? Wir fielen zu Hause erschöpft auf die Couch.
Dort angekommen überkam uns nicht nur Erleichterung, sondern auch Wut, Enttäuschung, Hilflosigkeit.
Wir hatten alles richtig gemacht – dachten wir. Doch offenbar hatte man uns bewusst getäuscht.
Schon in diesem Moment kamen die ersten Gedanken:
„Sollen wir die Verkäuferin anzeigen?“
Das war kein versteckter Mangel – das war bewusste Täuschung. Betrug.
Doch wir waren so erschöpft, dass wir diese Gedanken erstmal auf später verschoben. Aber sie waren da. Und sie blieben.
Am nächsten Tag kam Hilfe: ein alter Schulfreund – gelernter KFZ-Mechaniker.
Er war schnell bereit, sich Trude anzuschauen. Wir kippten vorsichtig etwas Benzin in den Tank, darunter eine Schüssel – nur zur Sicherheit.
Nach wenigen Sekunden hörten wir ihn unter dem Fahrzeug rufen:
„Ich hab’s!“
Es war nicht der Tank. Es war der Schlauch.
Ohne Schelle. Der Schlauch war spröde und marode – aber kein Totalschaden.
Wir bestellten Ersatz. Für ganze 17,80 €. Zwei Tage später: dicht.
Ein erstes Erfolgserlebnis. Ein Lichtblick nach all dem Frust.
In der Wartezeit bis zur Anmeldung wollten wir den Kopf nicht hängen lassen – also gingen wir einkaufen: Gardinen, Vorhänge, Zubehör.
Wir begannen, Trude zu unserem Zuhause zu machen. Und wir spürten:
„Die Vorfreude auf die erste Tour ist zurück.“
Es fühlte sich an, als wäre der schlimmste Teil überstanden – und als könnte unser Abenteuer nun wirklich beginnen.
Wir hatten inzwischen die Unterlagen beim Zulassungsdienst eingereicht – voller Hoffnung, Trude bald endgültig auf unseren Namen anzumelden.
Doch dann kam der Anruf. Kurz und niederschmetternd:
„Das Straßenverkehrsamt kann den TÜV nicht bestätigen. Kein Eintrag. Keine gültige Prüfung.“
Ein Gefühl der Ohnmacht überkam uns. Wieder eine Hürde. Wieder eine Enttäuschung.
Wir versuchten es selbst über die Prüfstelle – vergeblich. Auch dort: keine Einträge, keine Bestätigung.
Ein Werkstattbesitzer, bei dem Trude inzwischen stand, kontaktierte einen Prüfer direkt. Und tatsächlich: Einige Tage später kam die Antwort:
„Ja, Trude hatte TÜV – aber nur bis Dezember 2023.“
Was war passiert?
Der TÜV-Stempel im Fahrzeugschein war manipuliert. Aus einer „3“ war mit einem simplen Strich eine „6“ gemacht worden. Aus 12/2023 wurde 12/2026. Dreist. Vorsätzlich.
Wir waren fassungslos.
Das war kein Versehen. Das war Vorsatz. Betrug. Täuschung.
Wir erinnerten uns an ihre Geschichte, an die Kinder, an den Urlaubstraum – und plötzlich stellten wir alles infrage.
„War das alles nur gespielt?“
Dieser Moment war ein Bruch. Kein kleines Problem – sondern ein Schlag ins Herz.
Je tiefer wir in die Technik eintauchten, desto mehr offenbarte sich das wahre Ausmaß der Mängel. Es war nicht nur ein kleiner Defekt hier oder da – es war eine regelrechte Sammlung von Problemen.
Jede neue Entdeckung traf uns härter. Und mit jeder weiteren Erkenntnis wurde klarer: Das war kein Einzelfall. Trude war bewusst in diesem Zustand verkauft worden. Der TÜV gefälscht. Die Mängel verschwiegen. Die Geschichten erfunden.
„Man hatte uns belogen. Eiskalt. Mit einem frechem Lächeln.“
Wir standen vor der Frage: Anzeige erstatten? Oder irgendwie weitermachen? Wir spürten, dass dieser Moment eine Entscheidung fordern würde. Für oder gegen Trude.
Innerlich waren wir zerrissen. Die Enttäuschung war tief. Die Wut groß. Und das Gefühl, hereingelegt worden zu sein – schmerzhaft präsent.
Diese Frau hatte uns in die Augen gesehen. Hatte von Kindern, Urlaub und Trennung gesprochen. Hatte uns Vertrauen geschenkt – scheinbar. Und uns dann ein Fahrzeug verkauft, das nicht nur defekt, sondern vorsätzlich manipuliert war.
„Das war kein Unfall. Kein Versehen. Es war Betrug.“
Wir sprachen über eine Anzeige. Polizei. Anwalt. Gerechtigkeit. Doch jedes Gespräch führte zurück zu Trude. Sie stand da – etwas schief, mit Macken, aber irgendwie... sie gehörte jetzt zu uns. Wir hatten sie ins Herz geschlossen. Trotz allem.
Und dann geschah etwas, das alles veränderte: Wir entdeckten neue Anzeigen – auf derselben Plattform. Wieder von ihr. Diesmal ein Mercedes. Ein Audi S4. Verdächtig günstig. Und plötzlich war da diese leise Gewissheit:
„Wir waren nicht die Einzigen. Vielleicht war das eine Masche. Unsere Gedanken überschlugen sich. Es fühlte sich an, als würden wir in einem schlechten Film mitspielen – betrogen, benutzt, ausgetrickst.“
Wir fühlten uns wie in einem schlechten Film. Betrogen. Benutzt. Ausgetrickst. Und doch... ein Blick auf Trude – und uns war klar:
Wir kämpfen nicht gegen sie. Wir kämpfen für sie.
Mit ihr ist es ein ständiges Auf und Ab, eine echte Achterbahnfahrt der Gefühle. Mal entdeckt man einen Mangel und denkt: Das war’s jetzt. Und dann stellt sich heraus – der Schaden ist gar nicht so schlimm. Oder er lässt sich mit etwas Geschick, ein paar Teilen und Unterstützung aus dem Freundeskreis beheben. Und so geht es die ganze Zeit. Hoffnung. Zweifel. Erleichterung. Stolz.
Aber keine Energie mehr für Wut. Kein Herz mehr für Rache. Wir konnten sie nicht einfach stehen lassen. Sie war nicht nur Blech. Wir stecken unsere Kraft in Trude. In ihre Rettung. In unseren Neuanfang. Denn manchmal entsteht aus dem größten Frust... etwas Wunderbares.
Die Entscheidung war gefallen: Wir bauen sie auf. Ganz oder gar nicht. Trude sollte nicht einfach nur durch den TÜV kommen – sie sollte als Klassiker weiterleben. Mit Würde. Mit Geschichte. Mit einem H-Kennzeichen.
„Nicht einfach nur wieder auf die Straße – sondern als Zeitzeugin. Als Trude.“
Allwetterreifen – erledigt. Bremsseil und Achsmanschette – besorgt. Nur zwei Dinge fehlten noch für den großen Tag: ein befüllter Gastank und eine passende Motorhaube.
Doch Trude war noch nicht angemeldet. Kein TÜV. Keine Fahrt zur Tankstelle möglich. Also hieß es: improvisieren. Ein Abschlepper wurde organisiert – und Trude wurde zur nächstgelegenen LPG-Tankstelle gebracht. Dort angekommen entdeckten wir auch direkt das Problem: Die Verbindung vom äußeren Einfüllstutzen zum Tank war nicht richtig verschraubt.
Ein simpler Fehler. Mit großer Wirkung. Also griffen wir zum Werkzeug, zogen alles fest – und siehe da: Der Tank ließ sich befüllen. Endlich. Dieses Klacken der Tankpistole, das Zischen des einströmenden Gases, es war wie Musik in unseren Ohren. Endlich wieder ein Fortschritt. Ein echtes Erfolgserlebnis nach so vielen Rückschlägen.
Nur noch eines fehlte: die Motorhaube. Wir starteten ein Gesuch auf Facebook – und wie durch ein kleines Wunder meldete sich jemand aus der unmittelbaren Nachbarschaft. Nicht nur die Haube hatten sie – sondern auch Sonnenblenden und eine passende Alkovenleiter.
„Manchmal liefert das Leben genau das, was man braucht – zur richtigen Zeit.“
Die Haube war alt, hatte Macken – aber solide. Also: Ärmel hoch. Wir sind keine Lackierprofis, keine Karosserieexperten. Aber wie bei allem bei Trude dachten wir uns:
„Wenn nicht wir – wer dann?“
Also wurde geschliffen, gespachtelt, grundiert, lackiert. Schritt für Schritt. Nicht perfekt – aber mit Herzblut. Trude bekam kein Neuteil. Sie bekam uns. In jedem Farbauftrag, in jeder Stunde Arbeit steckte Liebe. Hoffnung. Und eine gehörige Portion Trotz.
Ihr merkt schon. Trude wurde mehr als ein Fahrzeug. Sie wurde unser Projekt. Unsere Mission. Unser kleines Wunder.
Und jetzt? Jetzt warten wir. In drei Tagen soll es soweit sein: Die finale TÜV-Abnahme steht an. Und – wenn alles klappt – das Oldtimer-Gutachten.
Trude steht bereit. Wir sind bereit. Und wenn ihr das hier lest: Drückt uns bitte die Daumen.
Genau dafür ist diese Seite da: Offen. Ehrlich. Ungefiltert.
Trude ist nicht perfekt. Und gerade deshalb ist sie genau richtig. Vielleicht macht unsere Geschichte euch Mut – denn nicht jede Reise beginnt mit Sonnenschein.
„Aber jede kann ein Happy End haben – wenn man nicht aufgibt.“
✅ Der TÜV ist bestanden – Trude ist jetzt offiziell ein Oldtimer!
Trude ist nun happy…
Letztes Update: 01.07.2025